Moin Lisa
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Moin Lisa
Maße ca. H 590 mm, B 510 mm, T 340 mm
Material: Kunststoff, Spachtel, Holzwerkstoff, Holz, Polyesterharz, Modelliermasse, Gouachefarben, Haarersatz
Moin Lisa - Auf der Suche nach einem Gesicht
Auf der Suche nach einem Gesicht für meine nächste Skulptur hatte ich folgende Gedanken: Nicht jede Person, die mir zwecks Abformung für eine Skulptur ihren Körper leiht, möchte auch ihr Gesicht darauf wissen. Vielleicht ist zumindest einer der Beweggründe, nicht wirklich gesehen werden zu wollen. Genaugenommen gehen mich diese Gründe auch nichts an, sei es drum.
Ein Mensch, vielleicht schon verstorben, besser, schon lange verstorben…
Kleopatra, Cäsar, Nofretete, Kolumbus… - allesamt in Büsten oder Darstellungen aus verschiedenen Perspektiven bekannt und sichtbar. Eigentlich langweilig für mich, weil, gibt’s schon, oder ist mir schon mal in irgendeiner Form begegnet.
Ich fand eine Frau
Erst heutzutage herausragend bekannt, rätselumwoben, aus etwas jüngerer Vergangenheit, zumindest bezogen auf die meisten der vorgenannten Persönlichkeiten. Ich kenne sie nicht einmal direkt von ihrem Gemälde, zumindest aber von einem Foto desselbigen. Büsten, die sie aus ihrer Zeit darstellen; gibt es wohl nicht? Interpretationen aus heutiger Zeit; wenige die ich fand? Ist es anmaßend sie auszuwählen? Ich empfinde es eher als herausfordernd!
Wie hatte sie wohl aus anderem Blickwinkel gewirkt? Wie weit kann ich mich ihr nähern, und wie weit möchte ich mich ihr nähern? Welche Anmut und Ausstrahlung gingen von ihr möglicherweise in heutiger Zeit aus? Darauf wollte ich mir Antworten geben und legte los, immer noch das Ziel ansteuernd, eine dreidimensionale Kopfvorlage zu modellieren; für ein nächstes Werk, aus, natürlich Holz.
Der Blick und das Lächeln mit immer dem gleichen Winkel, egal wo ich stehe, das ist Zweidimensionalität. Ich empfinde ihre als herausragende Zweidimensionalität, eines Tages werde ich das überprüfen.
Ihren Blick und das Lächeln nur aus einem definierten Punkt in Breite, Höhe und Tiefe erhaschen zu können, das ist Dreidimensionalität.
Bei gefühlten 80% der fortgeschrittenen Modellierung begann ich das bis dato kalkweiße Gesicht farblich zu unterstützen und z. B. einige markante Schatten zu positionieren. Haare wurden mit Pappe simuliert. Modellieren und Farbgebung wechselten sich über Tage ab. Ihre Haarpracht wurde schließlich auch verbessert und sie, etwas moderner bekleidet, blickte langsam zu mir aus ihrem 16. Jahrhundert.
Eine öffentliche Ausstellung in meinem Atelier, für meine lebensgroßen Holzskulpturen, meldete sich an.
„Hast Du etwas einzuwenden wenn ich Dich dazustelle?“ dachte ich.
„Spinnst Du, ich lasse mich doch nicht dazustellen!!! Ich will ein eigenes Gemälde, mit eigenem Goldrahmen, aber nicht so ein unmodernes Teil wie jenes. Und ich wünsche einen eigenen Raum.“ Waren das meine Gedanken, oder wer sprach da?
Ursprünglich suchte ich doch nur ein Gesicht!?
Jetzt ist sie auf unserer Welt. Eigentlich ist sie fertig, das Gesicht als Vorlage habe ich ja. Damit bin ich auch sehr glücklich. Ich werde es mit möglichst wenig Schaden an ihr abformen und in Holz reproduzieren.
Soll ich mich dann ihr weiter versuchen zu nähern? Es war bisher eine sehr intensive Zeitreise mit ihr, sie so lebendig. Mir reicht diese Zeit. Vor etwa 500 Jahren ist sie verstorben, mein Stammbaum berührt sie nicht nur, wir hatten sogar eine gemeinsame Zeit. Danke für die Vorlage zu einem Gesicht, Du Unbedeutende Deiner Zeit, herzlichen Dank von einem Unbedeutenden seiner Zeit. Was ist wohl in 500 Jahren?